Philipp Oswalt | 1999
 
Texte Drucken [HTML]

   Maison Floirac von Rem Koolhaas | O.M.A.

Zunächst erscheint die Villa als eine direkte Umsetzung der Prinzipien von 'Delirious New York': Das Gebäude ist in verschiedenen Ebenen organisiert, die jeweils eine völlig andersartige Idee des Wohnen verkörpern: Das untere, in den Hügel gegrabene Geschoß thematisiert das Wohnen in der Höhle, die mittlere, völlig transparente Ebene das extrovertierte, nomadischen Wohnen und die darüber schwebende Box ein introvertiertes, von der Welt distanziertes Wohnen 'in den Bäumen'. Jede dieser fast archaischen Wohntypologien führen zu einer völlig andersartigen architektonischen Logik, so daß sich die Etagen in Hinsicht auf Programm, Form, Konstruktion, Materialität, Licht usw. unterscheiden. Verbunden werden die drei Stockwerke durch einen Aufzug, der als eine offene, 3m x 3,5m große Plattform konzipiert ist: 'Jede Station des Aufzugs entspricht ein unterschiedlicher life-style samt der dazugehörigen Ideologie. Das Leben im Inneren des Gebäudes zerteilt sich in einem solchen Ausmaß, daß es sich begreiflicherweise nicht nach einem einheitlichen Drehbuch abspielen kann...die Konstruktion ist genau in dem Maße erfolgreich, wie sie die Individualität jeder einzelnen Parzelle bewahrt.' [ 1 ]

Diese Passage aus 'Delirious New York' ließt sich wie der Erläuterungstext zur Villa Floriac und auch andere Schlüsselthemen des Buches wie die 'Technologie des Phantastischen' oder die 'Lobotomy' (Trennung zwischen innerer und äußerer Architektur) finden sich in dem Gebäude wieder. So ist das obere Geschoß nach dem Prinzip der Lobotomy konzipiert: Die nur von kleinsten Öffnungen punktierte Betonbox gibt nichts von ihrem Inneren preis. Sie verhüllt gleichermaßen die intimsten Aktivitäten des Familienlebens wie ihre architektonische Organisation und erinnert somit an eine weitere Passage aus Delirious New York: 'Indem der Monolith die innere von der äußeren Architektur trennt, verschont er die Außenwelt von den Seelenqualen des ständigen Wechsels, der im Inneren tobt.'[ 2 ]

Die Villa erscheint als eine Umsetzung der von Rem Koolhaas formulierten urbanistischen Prinzipien der 'Culture of Congestion' im kleinsten Maßstab. Das Haus ist quasi einer Maschine zur Intensivierung und Maximierung von Erlebnissen, womit der zentrale Wunsch des an einen Rollstuhl gefesselten Bauherrn in Erfüllung geht. Er erklärte dem Architekten :'Ich möchte kein einfaches Haus. Ich möchte ein komplexes Haus, weil das Haus meinen Kosmos definieren wird.'[ 3 ]

Referenzen

Die 'metropolitane Architektur' im Miniaturformat weist überraschende Parallelen zur Villa Savoie von Le Corbusier auf: Auch diese ist in drei völlig unterschiedliche Etagen organisiert und das Hauptgeschoß ist von einem Fassadenband umhüllt, das nichts über die innere Organisation erzählt. Zwar gibt es keinen Aufzug, doch bietet die Rampe eine kontinuierliche Verbindung der drei Etagen und eine Polarität unterschiedlicher Erschließungsformen wie bei der Villa Floriac. Der Ähnlichkeiten gibt es noch mehr: Beide Gebäude sind als Drive-In-Villa konzipiert, beide scheinen durch ein aufgelöstes Erdgeschoß über der Erde zu schweben. Selbst in Details wie Schiebeglaswände und der Integration des Bad in das Schlafzimmer finden sich analoge Motive.

Zahlreiche Referenzen lassen sich ebenso zu Mies van der Rohes Arbeiten finden - von den Hofhausprojekten bis zum Farnsworth House - und ebenso zu O.M.A.'s eigenen Arbeiten, insbesondere der Villa Dall'Ava (1991). Gleichwohl ist die Villa Floriac weder Remake noch Collage. In den Bezugnahmen zeigt sich vielmehr ein anderes Verständnis von Originalität und kreativem Prozeß, welches gerade durch das Aufgreifen von Vorausgegangenem über die Moderne hinaus verweist: Der Entwurf ist - entgegen dem Mythos in der Moderne - eben keine geniale Erfindung eines einsamen Künstlers, sondern evolviert in einem komplexen Prozeß, in den sich neben einer Vielzahl von Faktoren auch die Geschichte der eigenen Disziplin (der Architektur) einschreibt. Referenzen werden zu Rohmaterial, das sich im Entwurfsprozeß transformiert, und das Neue entsteht nicht aus dem Nichts, sondern eher aus der Umdeutung, Weiterentwicklung oder auch Abgrenzung vom Vorgefundenen. Am offensivsten legte O.M.A. dieses andere Verständnis vom kreativen Prozeß mit seinem Projekt für die Trienale in Mailand von 1986 dar, dessen Entwurf aus kaum mehr als einem verzerrten Nachbau von Mies van der Rohes Barcelona Pavillon bestand.

Mies'scher Raum

Das Mittelgeschoß des Maison Floriac kann als eine Radikalisierung und Erweiterung von Mies van der Rohes Konzeptionen eines fließenden Raums gelesen werden. Die Wohnetage ist zunächst ein völlig transparenter und offener Raum, der nur wenige freistehende Elemente in sich aufnimmt. Durch die Organisation des Gebäudes in drei Ebenen wurde es möglich, das Wohngeschoß von der Notwendigkeit von Küchen, Bädern und anderem zu befreien. Damit wurde Mies van der Rohes Idee räumlicher Reduktion, wie er sie beim Farnsworth House 1950 am reinsten umgesetzt hat, noch weiter radikalisiert.

Im Gegensatz zum Farnsworth House hingegen ist der Wohnraum der Villa Floriac durch einige Eingriffe gerichtet und differenziert, was an die Konzeption des Barcelona-Pavillons von 1929 erinnert. Aber anders als in diesem ist das Repertoire der Elemente nicht auf eine Serie vertikaler Wandscheiben unterschiedlicher Materialität reduziert, sondern besteht aus einer Reihe völlig individueller Teile: Die leicht geneigte Stahlplatte als Eingangstür, der verspiegelte Tubus des Treppenaufgangs, die an eine minimalistische Skulptur erinnernde Stahlkonstruktion aus Kastenträger und Stütze sowie die einhüftige Treppe, um die wichtigsten zu nennen. Jedes dieser Elemente erfüllt eine oder mehrere essentielle Aufgaben - der Konstruktion, der Haustechnik oder der Zirkulation - und formt zugleich den Raum. Sie formulieren Haltepunkte, Blickrichtungen und Bewegungslinien. Während bei Mies die Konstruktion dem Raum immer eine kartesianische Ordnungsstruktur einprägt, ist sie bei der Villa Floriac eines der wesentlichen Mittel, den Raum zu dynamisieren.

Reduktion und Differenz

Die Konstruktion ist auf ein Minimum reduziert und zugleich maximal differenziert. Aufgelöst in eine Sequenz singulärer Ereignisse formt sie Interventionen, die den Raum nur noch lokal modifizieren. Bei der 25m x 11 m großen Betonbox der Villa ist die Konstruktion auf vier Tragelemente reduziert, die sich in Form, Funktion und Plazierung jeweils voneinander unterscheiden. So liegt die Box im Osten auf einem Kastenträger auf, während Sie im Westen an einem Doppel-T-Träger aufgehängt ist. Letzterer wird wiederum von einem Betonzylinder sowie einem Zugseil aus Stahl gehalten. Die konstruktiven Elemente weisen keinerlei Symmetrie oder Repetition auf. Durch ihre azentrische asymmetrische Verschiebung in Grundriß und Schnitt ist die Konstruktion dynamisiert. Diese Destabilisierung wird noch visuell verstärkt, in dem der massivste Teil der Konstruktion - der Betonzylinder - durch eine spiegelnde Verkleidung virtuell zum Verschwinden gebracht ist.

Was zunächst als ein Manierismus erscheinen mag, erweist sich als Mittel, um auf die spezifischen Nutzungen und räumlichen Situationen individuell zu reagieren. Durch die Differenzierung und Dynamisierung der Konstruktion nimmt der Baukörper Bezug zur Topographie auf. Im Innenraum werden Blickbeziehungen und Ruhepunkte formuliert und auch funktionale Anforderungen wie Leitungsführungen oder Zirkulation in die Konstruktion integriert.

Heterogenes Kontinuum

Mies van der Rohes Konzept eines fließenden Raums ist hier von seiner mentalen wie konstruktiven Ordnungsprinzipien befreit und zeitlich wie räumlich dynamisiert. An Stelle einer statischen Tektonik tritt die Vektorisierung des Raums durch lokale Interventionen, die den Raum in ein kontinuierliches, aber in sich heterogenes Feld überführen. Eine solche Raumkonzeption entspricht der Idee vom glatten Raum, wie sie Gilles Deleuze und Felix Guattari formuliert haben: 'Im glatten Raum ist die Linie ein Vektor, eine Richtung und keine Dimension oder metrische Bestimmung. Es ist der Raum, der durch örtlich begrenzte Operationen mit Richtungsänderung geschaffen wird.... Der glatte Raum wird vielmehr von Ereignissen oder Haecceïtates als von geformten oder wahrgenommen Dingen besetzt... Während im gekerbten Raum die Formen eine Materie organisieren, verweisen im glatten Raum die Materialien auf Kräfte oder dienen ihnen als Symptome.' [ 4 ]Neben den zuvor skizzierten Strategien der Entmaterialisierung, Asymmetrie, Exzentrizität und Singularität lassen sich am Entwurf der Villa Floriac einige weitere Verfahren herausarbeiten, die einen solchen kontinuierlichen und zugleich in sich vielfältigen Raum generieren:

Polarität

Die drei Schichtend der Villa artikulieren jeweils zwei komplementäre Pole. Wie bei einem Magneten erzeugen sie ein Spannungsfeld zwischen zwei Gegensätzen, die zugleich eine Einheit bilden. Im Erdgescho§ ist es die Gegenüberstellung von Kochlabor und Wohnhöhle, Produktion und Konsumption, Materialität und Medialität. Im Wohngescho§ stehen sich Innen und Au§en gegenüber und im Obergescho§ der Bereich der Eltern und der der Kinder. Die Ebenen stellen jeweils ein Kontinuum dar, welches durch die Polarität differenziert wird. Die Polarität wird von dem Schlitz in der Box markiert und vom Haupteingang inszeniert.

Multiplizität

Durch die Multiplizierung von Elementen wie Eingang und Erschlie§ung wird eine Eindeutigkeit und Hierarchisierung der Bewegungsabläufe untergraben. Es gibt fünf Eingänge in das Haus und mehrere vertikale Erschlie§ungen: eine dramatisch inszenierte Treppe, eine pragmatische Treppe, eine geheime Treppe und die bewegliche Plattform. Es gibt keinen Raum im Haus, der nicht von zumindestens zwei anderen Räumen aus zugänglich ist.

Die Strategie der Multiplizität wiederholt sich auch bei der räumlichen Konzeption. Wie bereits erwähnt, vereint das Haus drei verschiedene Grundtypen des Wohnens in sich. Ebenso gibt es eine Vielfalt der Blicke: Das Panorama, der gerahmte Ausschnitt, der gerichtete Blick durch die Beobachtungslöcher, der gespiegelte Blick, der verschleierte Blick. Die Multiplizität enthierarchisiert und erzeugt Vielfalt. Sie legt nicht fest, sondern bietet Möglichkeiten.

Entgrenzung

Räumliche Abgrenzungen wie zwischen Innen- und Außenraum oder die Abtrennung der Intimsphäre des Bades werden aufgelöst. Die Bäder der Kinder und der Eltern sind zugleich Zirkulationsräume, von denen man andere Bereiche des Hauses erreicht. Die Badbereiche der Eltern ist völlig in den Schlafbereich integriert. So ist die Dusche für den Herren nichts weiter als eine Duscharmatur an der Wand des Schlafraums, wobei das Duschwasser durch offene Fugen im Parkettboden ablaufen kann.

Die Durchwegung verwebt die Innen- und Außenräume des Gebäudes miteinander. Immer wieder führen Episoden des Wegesystems durch Außenräume, wie die Brücke zwischen den Privaträumen der Kinder und der Eltern, der Balkon zwischen den Zimmern der Dame und des Herrn oder die Terrasse, die man auf dem Weg vom Haupteingang zum Wohnzimmer passiert.

In dem Haus gibt es kein absolutes Innen oder Außen, sie sind relative Charakteristika. Je nach Bezug zu anderen Bereichen des Gebäudes und der Landschaft ist jeder Ort im Haus zugleich ein Innen wie ein Außen. So ist das Patio von der Landschaft gesehen ein Innenraum, vom Haus aus betrachtet ein Außenraum. Die Loggia im Obergeschoß befinden sich in der Box und ist zugleich doch Außenraum. Selbst das vermeintliche Innerstes des Hauses - der höhlenartige Treppenraum im Erdgeschoß - ist zugleich ein Außen.

Verwandlung

Durch mechanische Mittel werden die Definitionen von Innen und Außen weiter erodiert. Durch das Öffnen der gigantischen, 8,5 m langen Glasschiebewand im Wohngeschoß löst sich die Glasbox zu einem Außenraum auf und zugleich wird die Terrasse partiell umschlossen. Das Haus erscheint dann - wie bei Mies frühem Landhaus aus Backstein (1923) - als eine Verdichtung von in der Landschaft zerstreuten Elementen. Doch auch eine umgekehrte Verwandlung des Wohngeschoßes ist möglich. Durch die Schließung der Vorhänge kann ein zeltartiger Innenraum geschaffen werden, der gleichermaßen Terrasse und Wohnraum umschließt.

Eine weitere Verflechtung von Innen und Außen erfolgt, indem die architektonische Raumbildung durch eine topografisch-landschaftliche Raumbildung ergänzt bzw. ersetzt wird. Das fast völlig entmaterialisierte Wohngeschoß erhält seine eigentliche räumliche Fassung erst in der Landschaft, durch die Vegetation im Norden und Osten sowie einem künstlichen Hügel im Südosten, womit die vorgefundene landschaftliche Raumbildung topographisch ergänzt wurde.

Somit dehnt sich der 'Wohnraum' in die Landschaft aus, seine 'Wände' werden von Bäumen und dem Hügel gebildet.

Drama

In den Raumfluß sind eine Serie von dramatischen Ereignissen eingefügt, die Orte besonderer Intensität erzeugen. Als erstes ist hier den Schock zu nennen, den man erlebt, wenn man aus dem höhlenartigen Treppenraum des Erdgeschoß auf die Terrasse des Wohngeschoßes mit seinem Landschaftspanorama emportaucht : In dieser Wegesequenz werden zwei extrem gegensätzliche Raumerfahrungen miteinander kontrastiert. Ein Überraschungseffekt erzeugt auch der vertikale Schlitz der Box, der von Außen wie Innen nicht ersichtlich ist, und sich erst offenbart, wenn man direkt unter oder neben ihm steht. Ein weiteres theatralisches Spannungselement birgt die geheime Treppe der Kinder, die deren Treiben vor den Blicken der anderen verbirgt . Mittels einer unsichtbaren Tür können sie wie ein Deus ex macchina die Bühne des Wohngeschoßes betreten. Dieses Spiel von Verheimlichung und Überraschung erzeugt eine emotionale und mentale Sensation, die die Raumerfahrung intensiviert. Durch die Uneinsehbarkeit gewinnt der Raum eine Tiefe: Eine unerwartete räumliche Dimension kann sich plötzlich entfalten.

Verwandlung II: Technologie des Phantastischen

Der vertikale Raum des Aufzugs durchdringt die drei Etagen und verschmilzt mit ihnen. Er formt ein vertikales Kontinuum in dem ansonsten strikt horizontal geschichteten Haus. Somit entsteht ein dreidimensionales Raumgeflecht, das sich mit der Bewegung der Aufzugsplattform ständig verändert. Je nach ihrer Position verändert sich die Raumform, die Belichtungsverhältnisse und die Zirkulation in den einzelnen Etagen. Weinkeller und Bibliothek sind nur von der Plattform aus zugänglich, und im Obergeschoß erzeugt sie eine zusätzliche Verbindung zwischen den beiden Zimmern der Eltern.

Doch auch der Raum des Aufzugs ändert sich mit seiner Position im Haus. Befindet sich die Plattform im Erdgeschoß, so bildet sich ein Raum von über 8 m Höhe, der das Bibliothekszimmer des Hauses ist: Die eine 'Wand' wird von einem dreigeschossigen, transluzenten Bücherregal gebildet, auf welches durch die Bewegung der Plattform zugegriffen werden kann. In seiner obersten Position formt die Plattform ein privates Arbeitszimmer, in das sich der Hausherr zurückziehen kann.

Auf der Höhe der Wohnetage wird die Plattform zur Bühne. In der Mitte des Raumes liegend, ist sie von allen Seiten einsehbar und erinnert an das Bild der Hebebühne von Radio City Music Hall aus Delirious New York. Hier gewinnt die Mechanik eine theatralische Qualität, wird zur 'Technologie des Phantastischen': Im Zusammenspiel mit den anderen mechanischen Elementen des Raums, den Vorhängen, Schiebewänden und geheimen Zugängen entsteht ein Bühnenraum für die Ereignisse des Alltaglebens.

Inklusivität

Vergleicht man die Villa Floriac mit den früheren Villen von O.M.A., wird deutlich, daß sich hier ein verändertes Ordnungsdenken und eine andere Raumvorstellung entwickelt hat, die offensichtlich von den Projekten des Büros aus den frühen 90er Jahren stimuliert ist. Damals wurde die Idee des 'glatten Raums' von Deleuze und Guattari im Kontext von Projekten diskutiert, die mit landschaftlichen Topographien operierten, die von gefalteten und gekrümmten Flächen erzeugt wurden. Exemplarisch dafür waren das Kongreßzentrum Agadir (1990), das Urban Design Forum für Yokohama (1992) oder die Bibliotheken von Jussieu (1993). In eine ähnliche Richtung wies auch der Begriff einer 'Intensiven Kohärenz' [ 5 ], wie er vom amerikanischen Theoretiker und Architekten Jeffrey Kipnis geprägt wurde. Im Kontext dieser Debatten hat sich in den Arbeiten von Architekten wie Greg Lynn, Ben van Berkel, F.O.A. oder Jeffrey Kipnis eine Tendenz etabliert, die versucht, diese Vorstellungen vorallem durch die Generierung neuer Morphologien architektonisch umzusetzen.

Ein Projekt wie die Villa Floriac wirft die Frage auf, ob diese Suche nach einem nicht-hierarchischen, kohärenten und zugleich heterogenem Raum zur Erfindung expressiver Formen führen muß. Sie scheint einen Weg aufzuweisen, der eher subtil als plakativ ein komplexes und vielfältiges Raumgeflecht realisiert. Interessanterweise ermöglicht der Verzicht auf komplexe Formgenerierungsprozesse gerade eine andersartige Komplexität: Eine Vielzahl heterogener Faktoren werden absorbiert bzw. generiert, sei es der Konstruktion, Zirkulation, Programm, Mechanik, Landschaft etc. Während Formgenerierungsprozesse meist auf wenige, klar definierte Faktoren limitiert sind und daher eine Sterilität im Entwurf aufweisen, zeichnet sich ein solcher Entwurfsprozeß durch starke Inklusivität aus.[ 6 ] Damit soll nicht gesagt sein, daß sich die verschiedenen Auffassungen von 'Komplexität' gegeneinander ausschließen oder die eine der anderen vorzuziehen sei.  Vielmehr ginge es darum, beide Tendenzen im Kontext der anderen zu diskutieren und den zur Zeit recht formal geführten Diskurs aufzuweiten.


erschienen in: Werk, Bauen + Wohnen | Nummer 3 | 1999
 
Texte Seitenanfang Drucken [HTML]
 

Fussnoten :
[ 1 ] Rem Koolhaas, Delirious New York, Deutsche Übersetzung in Arch+ 105/106, Aachen 1990 S.62
[ 2 ] ebenda, S. 63
[ 3 ] siehe UME 2, Melbourne 1996, S. 33
[ 4 ] Gilles Deleuze, Felix Guattari: Tausend Plateaus, Berlin 1992, S. 663f.
[ 5 ] siehe Jeffrey Kipnis: InFormation/ DeFormation, in: Arch+ 131, Aachen 1996, S. 68ff.
[ 6 ] siehe Philipp Oswalt, Matthias Hollwich: O.M.A. at work, in: Archis 7-1998, S. 12ff.
 

Weiterführende Links :
Ein Artikel in 'La ARQUITECTURA'
Auschnitte eines Textes von Jacques Lucan über das Maison Floriac